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Sanierungsstau und Modernisierung: Wie sich energetische Sanierungen auf Immobilienpreise in Deutschland auswirken
  • Von Jana Müller
  • 16/11/25
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Im Jahr 2025 ist der Sanierungsstau in Deutschland kein abstraktes Problem mehr - er ist ein Preistreiber auf dem Immobilienmarkt. Wer heute eine Wohnung oder ein Haus kauft, entscheidet nicht nur über Stein und Mörtel, sondern über die Zukunftskosten der Heizung, die Verkaufsfähigkeit und den Wertverlust oder -zuwachs. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Gebäude, die seit den 1970er-Jahren nicht saniert wurden, verlieren heute bis zu 20 Prozent ihres Wertes. Gleichzeitig steigen die Preise für energieeffiziente Wohnungen - und zwar deutlich. Es gibt nicht mehr nur gute und schlechte Lagen. Es gibt gute und schlechte Sanierungsstände.

Warum sanieren viele Immobilienbesitzer nicht?

Die Antwort ist einfach: Es ist kompliziert, teuer und oft unklar, wer zahlt. Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz liegt die jährliche Sanierungsquote im deutschen Bestand bei nur 0,69 Prozent. Bei Mehrfamilienhäusern, wo Eigentümergemeinschaften entscheiden müssen, sinkt dieser Wert sogar auf 0,52 Prozent. Das bedeutet: Fast jedes zweite Haus in Deutschland ist noch im alten Zustand - mit alten Fenstern, ungedämmten Wänden und Heizungen, die vor 30 Jahren installiert wurden.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Erstens: Die Kosten. Eine umfassende energetische Sanierung kostet zwischen 450 und 850 Euro pro Quadratmeter. Für eine 100-Quadratmeter-Wohnung sind das 45.000 bis 85.000 Euro. Zweitens: Die Bürokratie. Wer Fördermittel der KfW beantragen will, muss einen Energieberater beauftragen, mehrere Formulare ausfüllen, Unterlagen sammeln und warten - oft monatelang. Drittens: Die Einigung in der Eigentümergemeinschaft. 78 Prozent der Sanierungsprojekte scheitern laut Gutachterausschuss Nordhessen daran, dass nicht alle Mieter oder Eigentümer zustimmen. Wer will schon 10.000 Euro zahlen, wenn der Nachbar denkt, er könne noch fünf Jahre warten?

Was passiert mit Immobilien, die nicht saniert werden?

Nicht sanieren ist heute keine Option mehr - es ist eine finanzielle Falle. Immobilien mit schlechter Energiebilanz, also Energieausweis der Klasse H oder G, verlieren systematisch an Wert. Laut dem Statistischen Bundesamt erzielen diese Objekte im Durchschnitt 18,7 Prozent niedrigere Quadratmeterpreise als Gebäude der Klasse A+. In Kassel, wo der Markt besonders transparent ist, verlieren unsanierte Wohnungen bereits 15 bis 20 Prozent ihres Wertes im Vergleich zu sanierten.

In ländlichen Regionen Ostdeutschlands ist die Situation noch dramatischer. Hier gibt es kaum Nachfrage nach unsanierten Objekten. Ein Haus aus den 1980ern mit Einzellüftung, Holzfenstern und Ölheizung wird oft nicht einmal besichtigt. Der Verkauf dauert durchschnittlich 57 Tage länger als bei sanierten Wohnungen - und das, obwohl der Wohnungsmangel in Deutschland bei 3,7 Millionen Wohnungen liegt. Der Markt reagiert rational: Wer keine Energiekosten zahlen will, kauft nicht mehr bei den Altbauten.

Ein konkreter Fall aus Berlin zeigt das: Ein Verkäufer musste den Preis einer unsanierten Altbauwohnung dreimal senken - insgesamt 12,5 Prozent -, bevor er einen Käufer fand. Gleichzeitig wurde eine vergleichbare Wohnung im selben Viertel, die vor einem Jahr saniert worden war, zum Erstpreis verkauft. Auf ImmobilienScout24 erreichen sanierte Wohnungen durchschnittlich 4,5 von 5 Sternen, unsanierte nur 3,2. Das ist kein Zufall - das ist Marktwirklichkeit.

Warum steigen Preise bei sanierten Immobilien?

Energetisch sanierte Wohnungen sind heute das, was Smartphones vor zehn Jahren waren: der neue Standard. Die Nachfrage ist riesig. Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Kaufanfragen für energieeffiziente Wohnungen 2024 um 27 Prozent. Auf Immobilienplattformen wie Immowelt geben 68 Prozent der Makler an, dass sie unsanierte Objekte kaum noch verkaufen können - sie liegen zu lange auf dem Markt, werden ignoriert, fallen aus den Suchfiltern raus.

Doch es geht nicht nur um Nachfrage. Es geht auch um Kosten. Wer eine sanierte Wohnung hat, zahlt 35 Prozent weniger für Heizung und Strom. Das macht einen Unterschied von 800 bis 1.200 Euro pro Jahr - und das ist Geld, das der Käufer direkt in der Tasche hat. Das wird in der Preisbildung berücksichtigt. Ein Haus mit Wärmepumpe, neuen Fenstern und Dämmung ist nicht nur moderner - es ist günstiger zu halten. Und das zahlt der Markt.

Der German Real Estate Index (GREIX) bestätigt diesen Trend: Im Februar 2025 stiegen die Preise für energieeffiziente Wohnungen um 1,1 Prozent, während unsanierte Objekte um 0,8 Prozent nachgaben. Die VDP-Prognose für 2025 ist noch deutlicher: Sanierte Einfamilienhäuser steigen um 2,9 Prozent, unsanierte fallen um 1,5 Prozent. Das ist kein kurzfristiger Trend - das ist eine strukturelle Umkehr.

Eigentümer beraten sich mit einem Energieberater über Sanierungspläne und Fördermittel in einem Gemeinschaftsraum.

Wie viel Förderung gibt es wirklich?

Die KfW-Förderung ist der größte Hebel, um Sanierungen zu machen. Wer eine Gesamtsanierung durchführt, die die Effizienzklasse EFH 55 oder besser erreicht, bekommt bis zu 25 Prozent der Kosten erstattet. Das ist keine Kleinigkeit. Bei einer 60.000-Euro-Sanierung sind das 15.000 Euro. Doch hier liegt das größte Problem: 63 Prozent der Eigentümergemeinschaften wissen nicht einmal, dass diese Förderung existiert. Viele denken, sie müssten alles selbst zahlen - und geben deshalb auf.

Die KfW fördert nicht nur die Dämmung, sondern auch den Austausch der Heizung. Wer 2026 eine alte Öl- oder Gasheizung ersetzt, kann zusätzlich zum KfW-Zuschuss noch die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) nutzen. Wer eine Wärmepumpe einbaut, erhält sogar bis zu 40 Prozent Zuschuss, wenn er auf erneuerbare Energien setzt. Aber: Die Anträge müssen vor Beginn der Arbeiten gestellt werden. Wer erst nach der Sanierung loslegt, bekommt nichts.

Die Lösung? Einen zertifizierten Energieberater hinzuziehen. Laut dem Deutschen Energieberater-Netzwerk (DEN) haben solche Berater eine Erfolgsquote von 85 Prozent bei der Beantragung von Fördermitteln. Sie kennen die Formulare, die Fristen, die Kombi-Möglichkeiten. Sie verhindern, dass Geld auf der Straße bleibt.

Was passiert ab 2026?

Die Heizungsverordnung, die ab 2026 gilt, wird den Druck noch erhöhen. Dann dürfen nur noch Heizungen mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien installiert werden. Das bedeutet: Wer eine alte Ölheizung hat, muss sie ersetzen - oder riskiert, dass er sie nicht mehr betreiben darf. Wer nicht sanieren kann, weil er keine Finanzierung findet, wird gezwungen, seine Immobilie zu verkaufen. Und wer dann verkaufen will, hat keine Chance - denn Käufer wollen keine Heizung, die bald verboten ist.

Diese Regelung trifft vor allem ältere Eigentümer in strukturschwachen Regionen. In ländlichen Gebieten, wo die Sanierungskosten oft höher sind als der Wert der Immobilie, droht eine neue Art von Verödung. Experten wie Prof. Dr. Sabine Zwingmann vom Kieler Institut für Weltwirtschaft warnen: „Der Sanierungsstau wird sich zunehmend in den Immobilienpreisen niederschlagen - besonders dort, wo die Sanierung nicht wirtschaftlich ist.“

Ein Haus, das halb verfällt und halb modernisiert ist, mit fallenden und steigenden Münzen als Symbol für Wertverlust und -zuwachs.

Was können Eigentümer jetzt tun?

Wenn Sie eine unsanierte Immobilie besitzen: Handeln Sie jetzt. Nicht weil es Pflicht ist - sondern weil es sich lohnt. Die Zinsen sind niedrig: Bauzinsen für 10- bis 20-jährige Kredite liegen bei 3,12 bis 3,72 Prozent. Die Förderung ist da. Die Nachfrage ist hoch. Und der Wertverlust läuft weiter.

Schritt 1: Holen Sie sich einen Energieausweis. Er sagt Ihnen, wo Ihr Haus steht. Wenn er in Klasse G oder H liegt, ist Sanierung dringend nötig.

Schritt 2: Sprechen Sie mit einem zertifizierten Energieberater. Lassen Sie sich einen Sanierungsfahrplan erstellen - mit Kosten, Fördermitteln und Zeitplan. Viele Berater machen das kostenlos, wenn sie später die Sanierung begleiten.

Schritt 3: Sprechen Sie mit Ihren Mitbesitzern. Nutzen Sie Mediationsdienste der Handwerkskammer. Ein guter Vermittler kann eine Einigung erreichen, die alle zufriedenstellt - oft mit Hilfe von Fördergeldern, die die Belastung reduzieren.

Schritt 4: Beginnen Sie mit den größten Hebeln: Dämmung der Fassade, Fenster, Heizung. Die Rendite liegt bei 4 bis 6 Prozent pro Jahr - höher als bei vielen Aktien.

Was kommt als Nächstes?

Der Sanierungs-Schub der Bundesregierung ab März 2025 wird die Förderung noch ausweiten und die Bürokratie abbauen. Bis 2026 soll die Sanierungsquote auf 1,2 Prozent steigen - das ist der EU-Durchschnitt. Das ist gut. Aber es reicht nicht. Bis 2030 werden 3,7 Millionen Wohnungen fehlen. Wer jetzt nicht sanieren will, wird später nicht mehr verkaufen können - oder nur zum Bruchteil des Wertes.

Die Immobilienwelt teilt sich in zwei Lager: die, die sanieren - und die, die warten. Die ersten gewinnen an Wert, an Nachfrage, an Lebensqualität. Die zweiten verlieren - Stück für Stück. Es ist keine Frage von „ob“, sondern von „wann“ und „wie viel“.

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Jana Müller

Autor

Ich bin eine talentierte Tischlerin und liebe es, über Themen rund um Heimwerkerprojekte zu schreiben. Meine Arbeit umfasst die Gestaltung und Herstellung einzigartiger Möbelstücke, die sowohl funktional als auch ästhetisch ansprechend sind. Ich freue mich darauf, Menschen zu inspirieren und ihnen zu helfen, ihre Wohnräume zu verschönern.